WZ-Kolumne

Digitales Lernen während Corona?

„Corona hat doch klar gezeigt, dass digitales Lernen nichts bringt!“, höre ich eine vertraute Stimme an der anderen Kasse. Sie weiß, dass ich gerne mit iPads und Smart-Displays unterrichte. Sie weiß, dass ich daran glaube, dass Lernen in Zukunft auch digital ablaufen muss. Vor allem aber weiß sie, wie sie mich ärgern kann.

Also muss meine Antwort sitzen, da hilft weder ein patziges „Was weißt Du denn schon!“ nichts noch ein Fachvortrag. Und irgendwie bin ich mit den letzten Wochen auch durchaus zufrieden. Wir haben einiges weiterentwickelt an digitalen Fähigkeiten – als Lehrende, als Lernende, als Schulgemeinschaft. Es ist uns gelungen, dass unserer Schülerinnen und Schüler durch digitale Hilfsmittel weiter lernen konnten. Und dass keine riesigen Lernrückstände aufgebaut wurden. Aber war das „digitales Lernen“?

„Kein Mensch lernt digital“ hat Ralf Lankau als Buchtitel gewählt. Und mit dem Titel hat er natürlich recht, denn digitale Hilfsmittel können nicht ersetzen, was in den Köpfen meiner Schülerinnen und Schüler passiert. Aber dennoch gehören digitale Helfer zum modernen Lernen dazu, ob ich das als Lehrer gut finde oder nicht. Wenn ich im Deutschunterricht einen Klassiker wie „Nathan der Weise“ thematisiere, suchen die meisten zuhause schnell eine Zusammenfassung im Internet: „Ohne das Video von Sommers Weltliteratur to go hätte ich die Klausur nie bestanden“, erklärte mir ein Schüler ganz stolz. „Der wurde ja auch für den Grimme-Preis nominiert!“, denke ich. Und wenn die Hilfsmittel für alle offen zugänglich sind, kann ich mich entscheiden, sie allen als Werkzeuge zur Verfügung zu stellen oder nicht. Und wenn ich den Kindern die Werkzeuge zeige, kann ich auch Tipps zum Umgang damit vermitteln. Vielleicht ist es für einen Schüler gut, wenn er erst die Zusammenfassung liest und dann das Original. Und für eine andere Schülerin könnte es ein guter Weg sein, sich direkt das Original zu erlesen. Es geht um Lernwege, um Lernbiografien von jungen Menschen. Ich möchte sie begleiten, möchte erreichen, dass sie einen guten Weg für sich finden. Einen Weg, auf dem sie Lernen können, für die Schule, für ihre berufliche Zukunft, für ihr Leben. Für eine Welt, die sich gefühlt immer schneller digitalisiert.

Zu lange nachgedacht, sie ist schon weg. Also kommuniziere ich mittels des digitalen Helfers „WhatsApp“: „Während Corona haben wir digitale Helfer genutzt. Aber das war kein „digitales Lernen“! Dafür müssten Kinder angeleitet werden, die Geräte zu benutzen. Dafür benötigen sie mich als Lehrer, der ihnen beispielsweise eine App erst zeigen kann, bevor sie diese nutzen. Und genau das konnten wir nicht. Darauf waren wir nicht vorbereitet und werden nie ganz darauf vorbereitet sein können. Was Du meinst, ist improvisiertes eLearning. Das konnte nur zum Teil gutgehen!“

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